Strukturwandel
Seit Beginn der Kohlekrise im Jahr 1958 befindet das Ruhrgebiet sich in einer anhaltenden Phase des Strukturwandels, der von großen wirtschaftlichen Anpassungsschwierigkeiten gekennzeichnet ist. Auch gezielte staatliche Subventionen konnten den Strukturwandel im Ruhrgebiet nicht aufhalten. Die Industriezweige, auf die sich das Ruhrgebiet begründete, Steinkohleförderung und Stahlindustrie werden rar: Es gibt im Ruhrgebiet nur noch sechs fördernde Bergwerke (West, Walsum, Prosper-Haniel, Lippe, Auguste Victoria/Blumenthal, Ost) und 3 Kokereien mit der Kokerei Prosper in Bottrop sowie in Duisburg die Kokerei Schwelgern und die Kokerei der Hüttenwerke Krupp Mannesmann, deren Produkte zur Herstellung von Stahl benötigt werden.
Bergbau findet heute vor allem in den Randzonen des nördlichen Ruhrgebiets statt. Der Abbau hat in seiner Nordwanderung die Lippe erreicht und zum Teil bereits überschritten. Auch westlich des Rheins am Niederrhein, der noch zum Ruhrgebiet gezählt wird, wird noch Kohle gefördert. In der Emscherzone der Region sind die Zechen inzwischen stillgelegt. Zwischen 1980 und 2002 ging etwa die Hälfte der eine Million Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe verloren, während etwa 300.000 Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor geschaffen wurden. In der Ruhrzone ist der Strukturwandel schon vollzogen. Die meisten Zechen einschließlich aller Kleinzechen an der Ruhr wurden bis 1930 stillgelegt. Heute ist das Ruhrtal eines der Naherholungsgebiete des Ruhrgebiets.
Während dessen sind jüngere Industrien wie der Fahrzeug- und Maschinenbau, die Elektrotechnik, Feinmechanik und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie nichtindustrielle Branchen wie der Dienstleistungssektor noch nicht ausreichend nachgewachsen. Insgesamt verzeichnete das Dienstleistungsgewerbe den größten Aufschwung. Seit Beginn der neunziger Jahre sind bereits über 50 Prozent der Beschäftigten des Ruhrgebiets in der Dienstleistung tätig.
Das Ruhrgebiet und insbesondere Dortmund ist für seine Brauereien bekannt. Zu den bekanntesten Brauereien zählt Brau & Brunnen, die Dortmunder Actien-Brauerei, die Privatbrauerei Moritz Fiege in Bochum und die König-Brauerei in Duisburg-Beeck.
Einige Großkonzerne setzten auch neue Schwerpunkte, vor allem im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik sowie der Umweltsicherung. Einige Unternehmen bauten ihre Aktivitäten im Ruhrgebiet ab, so der einstige Stahlerzeuger und -verarbeiter Mannesmann und konzentrierten sich auf neue Geschäftsfelder. Der Konzern baute Anfang der 1990er Jahre mit Mannesmann Mobilfunk ein Mobilfunknetz (D2). Um an die erfolgreiche, deutsche Mobilfunksparte zu gelangen, kaufte die englische Vodafone Gruppe den kompletten Mannesmann Konzern auf und verkaufte einzelne Bereiche des Stahlgeschäfts im Ruhrgebiet und in Düsseldorf.
Ein wichtiger Schritt vom Produktions- zum Forschungsstandort waren die Gründungen der Universitäten Bochum, Dortmund und die Gesamthochschulen Essen und Duisburg, die zur Universität Duisburg-Essen fusionierten. Hilfreich für den Zuwachs im tertiären Sektor waren auch die Gründungen von Gesamthochschulen, Technologiezentren und Beratungseinrichtungen.
Als Beispiel des Strukturwandels kann man den Bau der drei Automobilwerke des Autoherstellers Opel 1962 in Bochum bezeichnen. Die Werke boten den „unter Tage” ausgebildeten Schlossern, Elektrikern etc. einen Arbeitsplatz in einer anderen Branche. Allerdings hat mittlerweile auch die Automobilindustrie mit Strukturproblemen zu kämpfen und steht in der Gefahr, zu den „alten Industrien” zu zählen.
Auch die einst angesiedelte Elektroindustrie ist heute ein Problemfall. Blaupunkt in Herne hat bereits 1989 wieder geschlossen, Siemens in Witten wurde 1999 verkauft, das Werk steht ebenfalls vor der Schließung. Auch bei Nokia in Bochum kam es 2004 zu Stellenabbau.
Ein Großprojekt, das oft als Zeichen des Strukturwandels angesehen wird, ist die Neue Mitte Oberhausen mitsamt dem Einkaufszentrum CentrO, welche auf dem Gelände der stillgelegten Gutehoffnungshütte Mitte der 1990er Jahre erbaut wurde.
Außerdem kann man den RWE Tower in Dortmund als „Symbol” für den Strukturwandel sehen. Noch vor ein paar Jahren war das Gebiet des heutigen RWE Towers völlig verwahrlost und heruntergekommen. Heute ist dort eine City-Skyline entstanden.
Heute leidet das Ruhrgebiet in weit größerem Rahmen unter der schlechten konjunkturellen Situation, die seit mehr als 20 Jahren anhält.
Die Internationale Bauausstellung Emscher Park (IBA) war von 1989 bis 1999 im Ruhrgebiet tätig und versuchte den Strukturwandel zu begleiten. In ihrem Rahmen wurden etwa zweieinhalb Milliarden Euro in die Region investiert und Industriebrachen von stillgelegten Bergwerken, Kokereien und Stahlwerken als Industriedenkmäler erhalten und neue Nutzungsmöglichkeiten entwickelt. So ist ehemalige Hütte Duisburg-Meiderich heute als Landschaftspark Duisburg-Nord bekannt, der stillgelegte Gasometer Oberhausen wurde zur Ausstellungshalle umfunktioniert. Weitere Beispiele für neue Nutzungen sind der Nordsternpark in Gelsenkirchen, der Bottroper Tetraeder, die Essener Halde Schurenbach, der Duisburger Innenhafen, die Jahrhunderthalle in Bochum und der Phoenix-See in Dortmund. Die Zeche und Kokerei Zollverein in Essen wurde 2001 von der UNESCO sogar zum Weltkulturerbe erklärt. Essen wird 2010 stellvertretend für die Region europäische Kulturhauptstadt sein.
Seit Mitte der 1990er Jahre wird die Emscher, lange der kanalisierte Abwasserkanal des Ruhrgebiets, renaturiert.
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Zeche Zollverein in Essen Pixabay - Public Domain Bilder / Creative Commons CC0 (CC0 1.0)