Geschichte der Stadt Braunschweig
Braunschweig entwickelte sich wahrscheinlich aus einem Stapel- und Rastplatz (Wik), der vor mehr als 1.000 Jahren von Fernhändlern angelegt wurde. Dieser Platz lag im Schnittpunkt bedeutender Handelsstraßen. Von hier ab wurde die Oker schiffbar, über Aller und Weser führte dieser Wasserweg nach Bremen und zum Meer. Die günstige Lage der Marktsiedlung veranlaßte Heinrich den Löwen, Braunschweig in der Mitte des 12. Jahrhunderts als Residenz zu wählen. Damit wurde die Entwicklung zur mittelalterlichen Großstadt eingeleitet. Dom, Burg und Löwenstandbild, die Wahrzeichen der Stadt, künden noch heute von der wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung der herzoglichen Residenz.
Das mittelalterliche Stadtgebilde hatte eine einmalige Struktur. Es bestand aus den fünf Stadtteilen Altstadt, Hagen, Altewiek, Neustadt und Sack. Jedes dieser Weichbilde besaß seine eigene Verfassung, sein eigenes Rathaus, seinen eigenen Markt und, bis auf das Weichbild Sack, seine eigene Pfarrkirche.
Handel und Gewerbe ließen unter Fürung der vorwiegend in der Altstadt ansässigen Kaufleute im 13. und 14. Jahrhundert ein blühendes Gemeinwesen entstehen.
Die Handelsbeziehungen reichten bis Flandern, England, bis zu den nordischen Staaten und in den russischen Raum hinein. Dieser bürgerlichen Machtentfaltung und dem daraus fließenden Reichtum ist die Entstehung großartiger Bauwerke zu verdanken. Die romanischen Pfeilerbasiliken St. Martini, St. Katharinen und St. Andreas wurden zu Hallenkirchen mit hohen lichtdurchfluteten Schiffen umgebaut. Auch das in seiner mittelalterlichen Form noch erhalten gebliebene Altstadtrathaus ist eine bedeutungsvolle Leistung städtischer Baukunst.
Die schöpferischen und stilbildenden Fähigkeiten der Bürgerschaft äußern sich in den Fachwerkbauten dieser Zeit besonders eindrucksvoll.
Einen neuen Aufschwung erbrachte die von den Herzögen veranlaßte Förderung der Wirtschaft durch Einrichtung von zwei jährlichen Messen (1681) und die Gründung des Leihhauses (1765), aus dem die Norddeutsche Landesbank hervorgegangen ist.
Weitere Impulse erfuhr die Bürgerschaft durch das 1745 ins Leben gerufene Collegium Carolinum, aus dem die heutige Technische Universität hervorging, und durch die Öffnung des Herzoglichen Kunst- und Naturalienkabinetts (1754), Keimzelle für das Staatliche Naturhistorische Museum und für das Herzog Anton Ulrich- Museum, das u. a. Meisterwerke von Cranach, Holbein, van Dyck, Rubens, Rembrandt und Vermeer van Delft zeigt.
Musik und Theater machten die Stadt zur Zeit der Aufklärung zu einem kulturellen Zentrum in Deutschland. Im Jahre 1772 wurde das erste bedeutende bürgerliche Trauerspiel deutscher Sprache, Lessings 'Emilia Galotti', und im Jahre 1829 Goethes 'Faust', 1. Teil uraufgeführt. Begründeten handwerkliches Können und kaufmännischer Wagemut den Wohlstand der mittelalterlichen Stadt, so standen diese Kräfte im 19. Jahrhundert ganz im Zeichen des technischen Fortschritts und der Industrialisierung der Braunschweiger Betriebe.